| Gerhard und Frank sitzen im Wintergarten | 
| Schau’n in den Nachmittagshimmel und warten | 
| Ein Tee, ein Glas Wein, dass die Dämmerung fällt | 
| Gerhard und Frank sind gern auf der Welt | 
| Frank war ein Pfleger, war gütig und weise | 
| Gerd war ein Tischler, geduldig und leise | 
| Kam damals mit der gebrochenen Hand | 
| Frank hatte Spätdienst und legt den Verband | 
| Von da an sollten sie einander begleiten | 
| Für immer, durch gute und schwere Zeiten | 
| Die schweren sind lange vorbei, Gott sei Dank | 
| Jetzt kommen die guten Zeiten für Gerhard und Frank | 
| Frank hat die Post aus dem Kasten genommen | 
| Der Umschlag aus dem Labor ist gekommen | 
| Frank kennt diese Zahlen, er kennt jeden Wert | 
| Faltet das Schreiben, verbirgt es vor Gerd | 
| Doch Gerd ahnt den Kummer, er spürt ja die schwere Last | 
| Und die drückende Atmosphäre | 
| Bemüht sich redlich sich sorglos zu stell’n | 
| Und das dunkle Gemüt des Freundes aufzuhell’n | 
| Plant Ausflüge und Theaterbesuche | 
| Frank unternimmt hilflose Versuche | 
| Den klaren Befund untern Teppich zu kehr’n | 
| Und sich gegen diese bittere Gewissheit zu wehr’n | 
| Kauft wahllos ein, um sich abzulenken | 
| Überhäuft seinen Freund mit Geschenken | 
| Kauft den kleinen Hund, «Was wird aus Gerd | 
| Wenn ich einmal nicht mehr da sein werd'?» | 
| Er kennt sie, die Bilder von Drähten und Schläuchen | 
| Kennt die Geräusche, das Kämpfen, das Keuchen | 
| Nein, er wird sich nicht beim Leiden zuseh’n | 
| Er wird selber geh’n, wenn es Zeit ist zu geh’n | 
| «Komm, wir lassen es jetzt mal so richtig krachen | 
| Lass uns zusammen all die Reisen machen | 
| Den Jakobsweg, die Kreuzfahrt im Mittelmeer | 
| Sag, wie lange schieben wir das nun schon vor uns her? | 
| Die Reise zur Weinlese im Burgund | 
| Zur Mandelblüte nach Mallorca und | 
| Einmal zum Polarlicht nach Kanada | 
| Und 'nen Katzensprung rüber in die USA | 
| Für ein Selfie auf dem Walk of Fame in LA» | 
| Doch er kauft nur ein einziges Ticket | 
| Nach Zürich, one way | 
| «Ja, so war’s», sagt der Mann auf der Kaffeeterrasse | 
| Steht auf, legt fünf Euro neben seine Tasse | 
| «Verzeih'n Sie, mein Herr, ich wollte nicht stör'n | 
| Manchmal braucht man halt einen Menschen zum Zuhör'n | 
| Ja, so war’s auf den Tag genau heut vor zwei Jahren | 
| Wir sind nicht mehr in die Bourgogne gefahren | 
| Da keltern sie jetzt einen neuen Wein» | 
| Er ruft seinen kleinen Hund und geht heim — allein |