Spoken prose:
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Früher war die Schweiz eines der flachsten Länder der Welt. |
Zwar war das ganze
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Land voller Sesselbahnen und Skilifte, aber sie führten alle geradeaus.
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Die Bergstationen waren nicht höher als die Talstationen, und wenn die Leute
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ausstiegen, wussten sie nicht recht, was tun
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«Man sieht hier auch nicht weiter», sagten sie und fuhren ratlos wieder zurück.
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Skis und Schlitten versorgten sie zuhinterst in ihren Kellern
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«Was uns fehlt», sagten sie zueinander, «sind die Berge.»
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Einmal nun wanderte ein kluger Schweizer nach Holland. |
Matter hieß er,
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Benedikt Matter
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Was er dort sah, erstaunte ihn. |
Das ganze Land war voller Berge,
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aber es gab weder Skis noch Schlitten und schon gar nicht Sesselbahnen oder
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Skilifte. |
Im Winter stiegen die Holländer zu Fuß auf die verschneiten Gipfel
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und fuhren in ihren Holzpantoffeln wieder hinunter. |
Aber nach einem Mal hatten
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sie genug. |
Die Pantoffeln füllten sich rasch mit Schnee und sie bekamen nasse
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Füße. |
«Es ist so mühsam», sagten die Holländer zueinander. |
«Was uns hier fehlt, |
ist flaches Land.»
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Benedikt Matter horchte auf. |
«Was würdet ihr denn mit dem flachen Land tun?
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«, fragte er die Holländer
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«Tulpen pflanzen!», riefen sie sofort, «Das gibt nicht viel zu tun!»
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«Das trifft sich gut», sagte Benedikt Matter, «in der Schweiz gibt es fast nur
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Tulpen. |
Wir wissen kaum, wohin damit.»
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Da beschlossen die Holländer, ihre Berge mit den Schweizern gegen Tulpen zu
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tauschen
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Die Schweizer begannen nun alle ihre Tulpenzwiebeln in Kisten zu verpacken und
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nach Holland zu schicken. |
— Mit den Bergen war es etwas schwieriger
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Da erinnerte sich Benedikt Matter an das alte Sprichwort «Der Glaube versetzt
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Berge»
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«Wir müssen es nur glauben», sagte er, «dann passiert es auch!»
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Nun gingen alle Schweizer und Holländer einen Tag lang in die Kirche und
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glaubten ganz fest, dass die Berge von Holland in die Schweiz kämen — und siehe
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da, in Holland knirschte und krachte es — ein Berg nach dem andern riss sich
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vom Boden los, flog in die Schweiz und ließ sich dort nieder. |
Endlich führten
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die Schweizer Bergbahnen und Skilifte in die Höhe, man hatte oben eine |
wunderbare Aussicht auf andere Berge und konnte mit den Skis hinunterfahren und
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jetzt kamen die Leute von weit her, um hier Ferien zu machen
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Die Holländer aber brauchten sich nicht mehr mit den Bergen abzumühen,
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denn nun war bei ihnen alles flach geworden, und sie pflanzten überall Tulpen
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und verkauften sie in die ganze Welt. |
So waren sie beide zufrieden,
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die Holländer und die Schweizer, und weil der Mann, dem das alles in den Sinn
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gekommen war, Benedikt Matter hieß, nannte man den schönsten Berg in der
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Schweiz zu seinen Ehren das «Mattehorn»! |